RoteLinien

Hallo,

Ich habe hier gelesen, dass man seine Narben nicht verstecken sollte,
weil es kontraproduktiv ist und auf Dauer keine Lösung.

Aber was soll man stattdessen machen?
Ich zum Beispiel gehe noch zur Schule und treffe mich regelmäßig mit Freunden.
Wenn ich die Narben nicht verstecke, sehen sie die vielleicht und da ich es eh
schwer habe, Freunde zu finden, habe ich Angst, frische Freundschaften zu
verlieren. Zudem es in der Schule Gerede geben würde, da an meiner Schule
jeder über jeden lästert. Seltsame Gerüchte herrschen auch über mich und
wenn dann etwas dazu kommt, was wahr ist und dann auch noch etwas wie
SVV...davor habe ich persönlich große Angst.

Also wie sind hier die Lösung aus? Verstecken oder nicht?
Oder nur in der Öffentlichkeit verstecken, aber vor dem Partner zum Beispiel nicht?

Würde mich über Vorschläge sehr freuen. :)

Hi Skull,

Die Narben werden Dich Dein Leben lang begleiten. Ich finde, Du solltest lernen offen dazu zu stehen. Du kannst ja auch erst im privaten Umfeld oder da, wo Dich keiner kennt, offen sein und erst später im vertrauten Umfeld. Aber das große Ziel sollte schon sein, überall offen damit umzugehen.
Ich habe bisher keine negativen Erfahrungen gemacht. Und wenn ich jemanden nicht sagen möchte, woher die Narben stammen, falls angesprochen werde, dann ist es auch okay und ich sage einfach nichts.

LG
vinter

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Mit allem Großen ist es wie mit dem Sturm. Der Schwache verflucht ihn mit jedem
Atemzug, der Starke stellt sich mit Lust dahin, wo's am heftigsten weht.
~~Christian Morgenstern~~

Hallo Skull,

das Thema Narben offen zeigen ist kein einfaches. Trotzdem: Wenn Freundschaften oder Beziehungen daran zerbrechen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass der oder die Dich wirklich als Mensch mochten. Blödes Beispiel, aber wenn ich meinen Unterschenkel aufgrund eines Unfalls verliere, trage ich auch nicht immer eine lange Hose und hoffe, dass niemand meine Prothese sieht und deswegen die Beziehung beendet. Es ist ein hartes Stück Arbeit, mit den Narben offen umzugehen. Das liegt meiner Meinung nach aber eher daran, dass ich einen großen inneren Konflikt durchlebt habe und der offene Umgang damit ein entscheidender Schritt auf dem Weg dahin ist, wieder Selbstbewusstsein und innere Balance auszustrahlen.
Ich hoffe, man kann einigermaßen verstehen, was ich meine

Dazu alles Gute,
voeglein

Hey .. :)

Danke für eure Antworten. Sie helfen mir wirklich weiter. Es ist wirklich schwer und ich denke, dass das wohl meine Hürde ist, die ich überwinden muss. Ich habe nur schreckliche Angst vor diesen Vorurteilen. Zum Beispiel habe ich Angst davor, dass jemand sagt, ich würde das doch nur der Aufmerksamkeit wegen machen oder ich sei ein "Emo". Das ist diskriminierend und verletzend und leider sind in unserer Gesellschaft nur wenige Menschen darüber wirklich aufgeklärt. Manche meiner wirklichen Freunde haben selbst kein leichtes Leben. Einer hatte schon einen Schlaganfall. Der andere wurde von seinem Vater früher verprügelt. Wie sieht das denn aus, wenn ich mich selbst verletze und die doch so ein schweres Leben haben?

Hey
Offenheit ist vielleicht erstmal nicht so leicht, bringt einen aber auf jeden Fall weiter! Ich habe auch lange gezögert und bin im SOmmer langärmlig rumgelaufen und so. Dann habe ich für mich beschlossen, daß ich nicht mehr doppelt leiden möchte: erst das Sv passiert ist aushalten und dann noch leiden, daß ich schwitze. Daraufhin habe ich einfach nichts mehr altes versteckt und hab viel Positive Erfahrung gemacht! Man wird viel weniger angesprochen als ich befürchtet hatte und wenn, dann war es meist ok und einfach fragend. Dann kann ich ja immer noch entscheiden, was ich antworte.
Und zu dem anderen: Man kann Schicksale nicht miteinander vergleichen!! Von daher brauchst Du Dich nicht fragen, wie das aussieht, was Du tust! Es ist Dein Hilfebedarf an der Stelle und andere brauchen anderswo Hilfe. Fertig!
lg
eyes like open doors

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Traurigsein ist ein Atemholen der Seele zur Freude

Paula Moderson Becker

Hallo Skull,

es ist bestimmt nicht einfach zuzugeben, dass man sich selbstverletzt. Man gibt ja damit zu, dass man schwach ist, mit Stress oder Problemen nicht so gut zurecht kommt wie andere. Mit dieser Information anderen gegenüber würde ich auch vorsichtig umgehen, genau gucken, was ich wem erzähle. Aber auf Dauer ist die Offenheit in seinem privaten Umfeld sicherlich stressärmer als sich verstecken zu müssen.

Ich habe festgestellt, dass etliche Menschen, wenn man ihnen offen begegnet, sich auch trauen von ihren eigenen Baustellen und Unzulänglichkeiten zu berichten. Demjenige, der dir erzählt hat, dass er vom Vater verprügelt wurde, ist es doch auch nicht leicht gefallen, dir von der häuslichen Gewalt zu erzählen. Und du hast seine Erfahrungen ernst genommen und nicht gekontert, dass er doch aus ein "Assi-Familie" stammt. Freundschaft bedeutet, den anderen anzunehmen und ihn zu unterstützen, auch wenns mal schwierig wird. Wenn sich jemand wegen des SVVs von dir abwendet, würde er dich wahrscheinlich auch in anderen Situationen fallen lassen.

Wenn dir deine SVs nichts ausmachen würden und es dir prima gehen würde, hättest du hier nicht geschrieben. Du hast zur Zeit halt auch kein einfaches Leben! Das ist so und es verdient ernst genommen zu werden. Man sucht sich Krankheit und Leiden doch nicht aus.

Einen lieben Gruß von Line

Hallo Skull,

ich war selber auch oft genug in deiner Situation, weil ich Kinder im Schwimmen trainiere. Natürlich will man andere mit dem Anblick nicht "belasten", aber ich persönlich habe bisher von keinem eine negative Reaktion bekommen. Am Anfang denkst du dann sicher, dass dich jeder anschaut und alles sieht, aber dir wird schnell auffallen, dass es gar nicht so ist.
Die wenigsten Menschen schauen sich ihr Gegenüber wirklich an. (Mein Tattoo über den kompletten Fuß zum Beispiel ist im Schwimmtraining von vielen jetzt seit bald 2 Monaten einfach nicht gesehen worden).

Und die Frage mit dem Partner: Wenn du mit jemand zusammen bist, dann liebst du diese Person ja auch. Liebe verbinde ich persönlich mit Vertrauen, Geborgenheit und auch Ehrlichkeit. Du musst deinem Partner nicht direkt jede Wunde oder Narbe zeigen, die du hast. Aber ich finde, dass der Partner es verdient hat, ehrlich zu wissen wie es dir geht. Vielleicht kann er/sie dir in der einen oder anderen Situation sogar helfen oder dich von deinem Druck ablenken.

Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen helfen.

Grüssle
Sara

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Hey du,

inzwischen gehe ich überall offen mit meinen Narben um, und ich habe noch nie eine negative Reaktion bekommen. Klar, es gucken immer mal wieder Leute, und gelegentlich kommen auch Fragen, aber diese Freiheit ist einfach supertoll. Früher hatte ich auch immer diese typische "Vermeidungshaltung" mit verdrehten Armen und Beinen, langen Ärmeln, die ich immer am Saum festgehalten habe, bin selbst zuhause nur vollbekleidet aus dem Bad gekommen... und das war so unendlich anstrengend und ständig von Angst begleitet.
Es hat mich eine riesige Überwindung und ganz viel Mut gekostet, das Stück für Stück aufzugeben. Erst gegenüber meinen engsten und eingeweihten Freunden, dann im Beisein dieser Freunde vor anderen, wenn ich mich also quasi "beschützt" gefühlt habe...
Ich habe festgestellt, dass die meisten Menschen die Narben gar nicht bemerken, wenn man wie selbstverständlich damit umgeht. Wir sind gewöhnt, anderen auf die Arme zu schauen, weil wir immer hoffen, jemanden mit dem gleichen Problem zu finden - aber andere machen das nicht! Einem Freund von mir sind die Narben sogar erst nach einem halben Jahr Tshirt aufgefallen, obwohl die eigentlich ziemlich offensichtlich sind... und die meisten Leute nehmen sie einfach hin, sagen nichts und gehen mit mir um wie vorher, weil ich denen mit meinem Verhalten auch keine Bedeutung mehr beimesse und ich nicht mehr ausstrahle "ich habe ein Problem, und ich schäme mich!"
Und wenn dir etwas selbst nicht unangenehm ist, gibt das anderen auch keine Angriffsfläche für Lästereien.

Ich wünsche dir, dass du es auch schaffst, Stück für Stück zu dir selbst zu stehen und so den Sommer richtig genießen zu können.
Ganz liebe Grüße,
Snow

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Und allem Weh zum Trotze bleib' ich
verliebt in die verrückte Welt.
[Hermann Hesse]

Hey skull,

das mit den Narben verstehe ich schon. Bei mir war es am Anfang auch schwierig, offen damit umzugehen. Mittlerweile ist es mir egal. Ich bin dieses Schuljahr auf eine neue Schule gekommen. Klar die Angst war dabei, aber die Narben gehören zu mir und deswegen finde ich, entweder akzeptieren die Leute mich mit den Narben oder nicht. Am Anfang hat übrigens keiner die Narben wahrgenommen. Das kam alles mit der Zeit. Mittlerweile wissen (fast) alle von meinem SvV. Ich schreibe jetzt fast in Klammern, weil mich natürlich nicht alle darauf angesprochen haben, aber im Sportunterricht ist so etwas ja nicht zu übersehen. Auch vor jedem neuen Sommer ist die Angst wieder da. Aber ich überwinde mich da jedes Mal wieder und fühle mich dann auch dabei sehr gut.
Und übrigens bei mir kam noch nie eine schlechte Reaktion. In meiner neuen Klasse hat sich keiner von mir abgewandt, obwohl viele Freundschaften auch dort noch frisch waren. Ich fühle mich sehr wohl in meiner Klasse und das beste daran ist, ich kann auch mit der ein oder anderen Freundin auch sehr gut darüber reden.

Liebe Grüße
natti

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Ich finde es wirklich rührend, was ihr schreibt. Ihr wirkt so positiv eingestellt und das gibt einem Hoffnung.
Die Aussage von dir, Line, dass "Wenn sich jemand wegen des SVVs von dir abwendet, würde er dich wahrscheinlich auch in anderen Situationen fallen lassen." hat mir wirklich die Augen geöffnet. Du hast recht. Ich habe heute mit einer Freundin auch über dieses Thema gesprochen und sie hat von einem Jungen auf meiner Schule erzählt, der sich auch selbst verletzt. Man sieht eigentlich die Narben deutlich, aber kaum einer hat es bemerkt.
Diese und eure Aussagen nehmen mir die Angst, dass mich gleich alle überfallen und unangenehme Fragen stellen.
Ich denke, ich werde als erstes anfangen, zu Hause alles zu zeigen. Aber vorher möchte ich noch meine Mutter fragen, ob es okay für sie ist.
Ich habe nur etwas Angst davor, sie zu fragen, weil sie bestimmt Ja sagt, aber meint sie es dann so?
Es gibt eigentlich nur einen Menschen, vor dem ich meine Narben zeige, und das ist meine beste Freundin. Sie geht damit offen um, obwohl sie es eigentlich | editiert | findet. Aber diese Toleranz werde ich eurer Meinung nach ja auch bei anderen finden. Ich freue mich richtig, dass ich diese weitere Hürde jetzt mit euren Tipps und Erzählung in Angriff nehmen kann. Sonst habe ich den Sommer immer gehasst, bin nur langärmlig rumgelaufen und habe mich versteckt. Jetzt kann ich vielleicht offener sein und den Sommer genießen - so, wie es sein sollte.
Ich danke euch.

Liebe Grüße. :)