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Selbsthilfeforum für Angehörige SVV-betroffener Menschen
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 Betreff des Beitrags: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 00:30 
Liebe Leute,

ich bin neu hier und glaube, gerade völlig überfordert mit dem, was meine Tochter mit sich anstellt. Ich hoffe, mit euren Erfahrungen einen Weg zu finden bzw. für mich definieren zu können, was da gerade passiert.

Meine Tochter, 15, | editiert | sich. Ich habe die Wunden zum ersten Mal knapp vor den Sommerferien gesehen.|edit| Auf meine Frage, was sie da hat, ist sie nicht eingegangen. Ich habe diese Entdeckung für mich zunächst als eine pubertäre Spinnerei eingestuft, als ein Ausprobieren, Grenzen auslotend. Aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Sie ist anders in ihrem Aussehen und ihrem Verhalten, als die meisten Menschen von Mädchen in diesem Alter erwarten. Ihre Musik ist Metal / Emo etc., womit ich überhaupt kein Problem habe. Entsprechend ist sie gekleidet. Auch damit habe ich kein Problem. Sie liebt die Musik und spielt selbst Gitarre / E-Gitarre und hat in den letzten Jahren damit gute Fortschritte gemacht. Ihr Musiklehrer fordert sie in dieser Hinsicht auch prima. Sie ist mein Mädchen, ich hab sie ganz arg lieb. Trotzdem sind nun diese Wunden da und wie man weiß, ist gerade in der Emo-Szene SVV und mehr ein Riesenthema. Leider bekommt man den Eindruck, als ob es trendy sei, sich selbst zu verletzen und damit anzugeben oder um dazuzugehören. Aber ist es das bei ihr?

Vergangenen Donnerstag habe ich von einer ihrer Freundinnen eine Nachricht erhalten. Sie (18) möchte ihre Sorgen mit mir teilen und mich darüber informieren, dass meine Tochter sich || editiert ||| editiert | und mehrmals versucht hätte, sich das Leben zu nehmen und das vor Schulbeginn erneut umsetzen will. Ich habe auf diese Nachricht nicht geantwortet. Diese besorgte Freundin war im Sommer selbst stationär, angeblich wegen einer diagnostizierten Borderline-Störung. Das hat mir meine Tochter erzählt und bat mich auch, diese Freundin in der Klinik besuchen zu können, was ich unterstützt habe.
Der Nachricht dieser Freundin sind mehrere Auseinandersetzungen vorausgegangen, die dieses Mädchen mit meiner Tochter hatte. Darüber hat meine Tochter auch mit mir gesprochen. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich von dieser Freundin unter Druck gesetzt fühlt. Sie wollte auf gar keinen Fall ihren Forderungen nachgeben und sich mit ihr treffen.

Ich habe meiner Tochter diese Nachricht gezeigt. Sie hat damit nicht gerechnet. Sie hat geweint und mir erzählt, dass sie schon eine Weile mit diesem Mädchen Stress hat, weil die ihr wohl immer damit "gedroht" hat, mich zu informieren oder andere Personen einzubinden. Meine Tochter erzählte mir, sie wollte unter allen Umständen vermeiden, dass dieses Mädchen mich kontaktiert. Meine Frage, warum sie mich bei Facebook „entfreundet“ hat, begründete sie eben damit, dass sie vermeiden wollte, dass das Mädchen mich kontaktieren kann. Ich habe meine Tochter gefragt, wie ernst ich diese Nachricht nehmen muss, was daran stimmt und was wir unternehmen können. Viel war nicht herauszuholen. Ein Schulterzucken, Weinen und dass der Druck mit der Schule so groß wäre.

Meine Tochter beginnt jetzt das 10. Schuljahr und wird nächstes Jahr ihre Mittlere Reife machen. Wie es danach weitergehen wird, wissen wir noch nicht so genau. Es gab verschiedene Ideen. Manchmal ist eine Begeisterung / Motivation spürbar, ein anderes Mal hängen wir wieder ganz tief im Tal fest.
Wir haben in den letzten Tagen abends viel miteinander unternommen. Sie erzählte mir immer wieder von dem Mädchen und ich hatte den Verdacht, dass die Andere vielleicht eifersüchtig sein könnte, was meine Tochter nicht ganz ausschließen wollte.

Ich habe für mich versucht, Erklärungen zu finden. Klar, das Thema Schule ist vorrangig. Sie ist schlau, aber auch faul. Lernen gehört nicht zu ihren Favorits. Ihr ist klar, dass es notwendig ist, aber sie hinterfragt auch immer den Sinn der Lernthemen, die Fülle von Fakten, die in die Kinder hineingeschüttet werden. Lernstoff, der lebensunpraktisch und nicht unbedingt für die Zukunft gebrauchbar ist. Daran wird aber eben die Leistung gemessen.
Anfang des Jahres hatte ich wegen der schulischen Leistungen mal wieder eine Auseinandersetzung mit meinem Mann / ihrem Vater. Es gibt seinerseits wenig Verständnis für schlechte schulische Leistungen und er hat mich mehr oder weniger damit beauftragt, mich darum zu kümmern, damit sich das ändert. Auf meine Frage, warum er sich nicht darum kümmern mag, antwortet er immer nur mit seinem Standardsatz, dass er keine Zeit hat und so viel zu tun hat und immer beruflich unterwegs ist etc. Und wenn ich mich nicht darum kümmere, dann bleibts halt und da muss sie halt sehen, wie sie zurecht kommt. Diese Sprüche kenne ich von meinem Mann zu verschiedenen Themen. Das hat mich schon immer wütend gemacht. Er ist keine Hilfe. Aber letztlich habe ich immer nach einem Lösungsweg gesucht. Ich habe mich letztlich um Nachhilfe gekümmert im Studienkreis. Dort ist sie gut aufgenommen worden und die Leistungen haben sich verbessert. Meiner Meinung nach, gibt es keinen Grund Angst zu haben, dass der Abschluss nicht erreicht wird. Steigert sie sich da in etwas hinein?

Heute habe ich an ihrer Hand eine Wunde entdeckt. |edit| Ich durfte das nicht anschauen. Sie ist sofort zurückgezuckt.
Natürlich ist sie wie jeder andere Teenager viel im Internet unterwegs. Sie kennt sich mit Drogen und den unterschiedlichen Wirkungen aus. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie selbst clean ist. Sie erzählte mir aber von anderen Freunden, die Drogen benutzen, Alkohol trinken und rauchen. Davon distanziert sie sich bewusst, habe ich den Eindruck. Und natürlich trägt sie nur langärmlige Kleidung. Auch bei dies |edit|er Hitze im Sommer. Aber gut, so was habe ich auch gemacht. Ich habe es einfach auf die Pubertät geschoben. Und ja, sie hat immer wieder von psychischen Problemen anderer FreundInnen gesprochen, über | editiert |, Borderline, und ähnliche Themen. Wir haben über Sterben gesprochen, über Kurt Cobain, über Horrorfilme, über Mangas, über Cosplay usw. usw. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie mit beiden Beinen auf dem Boden steht, aber scheinbar habe ich mich täuschen lassen. Ich dachte, sie spricht so offen mit mir, weil sie Vertrauen zu mir hat. Mein Mann weiß nichts von allem. Auch die große Schwester (27) nicht. Ich würde alles tun, um ihr zu helfen. Ich möchte, dass sie glücklich ist und stark.


Zuletzt geändert von OmaNik am So 6. Sep 2015, 10:40, insgesamt 1-mal geändert.
triggernde Begriffe und Beschreibung von Selbstverletzungen erlauben die Regeln nicht


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 6. Sep 2015, 00:30 


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 10:45 
Hallo Kämpferin,

Ich möchte dich herzlich willkommen heißen.
Dein Nick spricht für eine starke Frau, und was du so erzählst hört sich auch nicht einfach an. Mir fehlen im Moment die passenden Worte, aber da es mit Schuljahres Anfang ja alles sehr aktuell und akut ist, und day Forum heute sicher noch etwas verschlafen sein dürfte, wollte ich dir signalisieren, dass du gelesen wirst und nicht allein bist.

Liebe grüße, Arkandro


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 10:58 
Danke, Arkandro.


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 14:39 
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Beiträge: 1829
Status: Angehörige/r
Liebe Kämpferin,

ein herzliches Willkommen von meiner Seite. Wie gut, dass Du hier her gefunden hast. Ich wünsch Dir hier einen Platz, an dem Du ankommen, Dir vieles von der Seele schreiben kannst und einiges mitnehmen kannst, das Dir weiter hilft.

Die Ursachen für das SVV sind so vielfältig, nicht mal eben so auf einen Nenner zu bringen. Dass Deine Tochter aber mit Dir über einiges redet, spricht meines Erachtens schon für ein gutes Verhältnis, das Ihr zueinander habt und auch von Vertrauen, wenngleich sie mit dem SVV nicht gekommen ist. Das ist schambesetzt und das zu offenbaren, dazu gehört schon einiges!

Hast Du an die Möglichkeit von Beratungsgesprächen gedacht, die Betroffene und auch Angehörige in diversen Einrichtungen (wie z.B. die Diakonie, die Carritas o.a.) bekommen können?
Und weiß Dein Mann von dem SVV?

Liebe Grüße von abalone

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Alles hat seine Zeit


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 16:26 
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Beiträge: 1930
Wohnort: Landkreis Goslar
Status: Betroffene/r
Liebe Kämpferin,

auch von mir ein herzliches willkommen im Forum.

Wie abalone schon schrieb, hat SvV viele verschiedene Ursachen, die schwierig herauszufinden sind. Da ihr scheinbar ein gutes Verhältnis habt, kannst du ihr nur immer wieder anbieten ein offenes Ohr und eine Schulter zum Anlehnen/ Ausheulen hast. Zudem könnt ihr gemeinsam gucken, ob ihr die Möglichkeit eine Beratungsstelle oder Therapie in Anspruch nehmen möchtet (also für deine Tochter, aber auch für dich). Das mit der Wunde an der Hand kann ich sehr gut nachvollziehen. SvV ist für denjenigen, der es durchführt, zwar irgendwo eine Erleichterung, aber auch sehr schambesetzt für die Person. Daher möchten die Betroffenen in den seltensten Fällen, dass jemand die Wunden sieht.

Liebe Grüße
Natti

_________________
Freunde sind wie Sterne, man sieht sie zwar nicht immer, aber sie sind immer da


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 18:07 
Vielen Dank für eure lieben Zeilen. Mir tut mein Herz so weh. Meine Tochter und ich haben heute wieder etwas gemeinsam unternommen. Es sollte so normal wie möglich sein, aber trotzdem war es besonders. Wir sind einfach ein bissel rumgefahren, haben über Musik und Bands gequatscht. Mit meinem Mann kann ich im Moment nicht darüber reden. Die Lage ist bei uns grad etwas angespannt. Mir ist klar, das er es wissen muss. Aber kann ich das tun ohne die Einwilligung meiner Tochter? Das wäre doch ein Vertrauensbruch ihr gegenüber. Andererseits muss er als Vater wissen, was los ist. Ich kann im Moment nicht einschätzen, wie seine Reaktion sein könnte. Ich werde auf alle Fälle eine Beratungsstelle kontaktieren. Ich hoffe sehr, dass wir Hilfe finden. Ich hab so Angst, dass etwas Schlimmes passieren kann.

Liebe Grüße


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 20:21 
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Registriert: Sa 21. Jul 2012, 17:35
Beiträge: 3234
Wohnort: Berlin
Status: Angehörige/r
Liebe Kämpferin,

diese Angst kennen alle Angehörigen hier, und auch den Versuch, die Normalität irgendwie wieder herzustellen ... und mehr oder weniger gut lässt es sich manchmal damit leben. Irgendwie ist SvV wie ein Dammbruch, und hinterher ist erst mal alles anders.

Dass deine Tochter nicht will, dass du mit deinem Mann drüber redest, ist verständlich aus ihrer Sicht und trotzdem schwierig. Kannst du ihr nicht noch einmal sagen, dass du so etwas Wichtiges ganz schlecht dem Menschen verheimlichen kannst, den du liebst und der normalerweise deine Vertrauensperson ist - und der als ihr Vater sicher sehr verletzt wäre, wenn er irgendwann erfährt, dass du etwas wusstest und geschwiegen hast?
Vielleicht kann auch dafür eine Beratungsstelle hilfreich sein. Aber wenn es dich sehr bedrängt, schafft ihr das vielleicht auch schon vorher?

Alles Gute für dich und euch und ein herzliches Willkommen hier,

Nachteule

_________________
Ours is not the task of fixing the entire world at once, but stretching out to mend the part of the world that is within our reach.
(Clarissa Pinkola Estés)


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: So 6. Sep 2015, 20:46 
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Registriert: Sa 10. Sep 2011, 20:24
Beiträge: 7291
Status: Angehörige/r
Liebe Kämpferin,

erst mal willkommen hier!

Du merkst an den vielen Antworten schon: Du bist nicht allein. Die meisten von uns sind mit ganz vielen Fragen und Unsicherheiten in dieses Forum gestolpert. Mir hat das sehr geholfen und meine Sicht auf SV komplett verändert. Ich persönlich schreibe hier im ganz offenen Bereich nicht so gerne ausführlicher. Vielleicht wäre für dich (du bist ja angemeldet?) auch ein Platz in einem Unterforum gut (Angehörige oder Angehörige und Betroffene)?

Nur ganz kurz zum Thema "reden mit deinem Mann": Ich hab damals meiner Tochter gesagt, dass ich ihren Vater informieren will. Nicht als Frage, ob sie das möchte. Mit dem Angebot, dass sie gerne dabei sein darf oder auch selbst das Gespräch übernehmen, letzlich aber mit der klaren Ansage, das ich da keine Geheimniskrämerei will. Es war recht unkompliziert, mein Mann hat das zur Kenntnis genommen und Hilfe angeboten, falls gebraucht. Ich hab mit meiner Tochter dann Wege gesucht und gefunden.

Ich wünsch dir sehr, dass du Hilfe findest und annehmen kannst, hier ist zumindest ein Ort, der dir jederzeit offen steht.

liebe Grüße
Africa


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 Betreff des Beitrags: Re: Was kann ich bloß tun?
BeitragVerfasst: Mo 7. Sep 2015, 14:34 
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Registriert: Mo 18. Feb 2013, 17:40
Beiträge: 1829
Status: Angehörige/r
Liebe Kämpferin,

ja, diesen Zwiespalt, ob nun meinen Partner daran teilhaben zu lassen oder dem Wunsch meiner Tochter zu entsprechen und ihr Vertrauen nicht zu missbrauchen, den kenne ich auch. Ich habe ihr gegenüber geäußert, dass es, wenn ich meinem Partner gegenüber etwas verschweigen würde, unserer Partnerschaft ein Problem werden würde: er spürt es doch, wenn etwas mit mir los ist. Und ich kann und will auch nicht sagen, es sei nichts, obwohl mich doch so viel beschäftigt. Das schafft Misstrauen und der Partner könnte es persönlich nehmen ... wobei es ja nicht persönlich gemeint wäre.
Das hat sie schon verstanden.
Im Endeffekt hat sie es ihm dann doch selbst berichtet, auch wenn es eine große Hürde gewesen ist. Aber es hat uns allen gut getan!

Liebe Grüße von abalone

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