RoteLinien

Hallo,

ich bin zwar schon länger angemeldet, habe mich aber bisher nie getraut, etwas zu schreiben. Nun habe ich aber mal ein paar Fragen an euch, da es sicher ein paar unter euch gibt, die mir helfen können.
Ich bin 23 Jahre alt und habe mich Heiligabend in eine Klinik einweisen lassen, nach fünf Wochen wieder selbst entlassen (war bei einer total unmotivierten Therapeutin) und hing seitdem totaal in der Luft, sehr schlimm ist das. Mittlerweile habe ich eine ungefähre Diagnose (manisch-depressiv) und wollte nun wissen, wie geht ihr denn damit um, wenn ihr dann wisst, was los ist? Im Grunde freue ich mich, dass ich mittlerweile weiß, was da kaputt ist in meinem Hirn. Für ein paar Sekunden habe ich auch das Gefühl, einen kleinen Lichtstreifen am Horizont zu erblicken.
An meinen Armen sieht man einfach deutlich, was ich durchgemacht habe und bin sozial total inkompatibel geworden. Heute Abend kommt eine Bekannte vorbei und ich habe mir vorgenommen, nicht mehr zu lügen wenn mich jemand fragt, wie es mir geht. Aber was sage ich denn, wenn sie nachbohrt? Soll ich im Alltag, zumal es gerade wärmer wird, einfach T-Shirts tragen? Ich will ja niemanden vor den Kopf stoßen!! Das ist mir echt unangenehm, zumal mein Freund dabei ist.
Ich muss sagen, er ist echt klasse und steht zu mir, baut mich auf wenn ich ihm was vorheule (was seltenst vorkommt weil ich mich nicht traue). Und ich weiß einfach nicht, wie ich mit ihm auch umgehen soll. Ich reiße mich immer zusammen, wenn wir uns sehen und versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Aber es strengt mich unheimlich an und ich bin den ganzen Tag nur damit beschäftigt und kriege sonst nichts mehr hin. Ist es dann blöd von mir, ihm zu sagen er kann mich verlassen wenn es ihm zu anstrengend ist, ich würde das schon verstehen oder setze ich ihn dadurch nur noch unter Druck?
Ich bin echt wahnsinnig verzweifelt und weiß einfach überhaupt nicht, wie ich mit ihm umgehen soll. Insgeheim habe ich auch Angst, dass er mich verlassen will, es aber aus Anstand nicht tut.

Vielleicht sind hier auch ein paar (junge) Männer, die mir aus ihrer Sicht mal schildern können?

Vielen Dank!!
Anna

Hallo AnnaSiemon,
dein Entschluß,nicht mehr zu lügen,wenn es um Dein Befinden geht,finde ich sehr toll und ich denke,das ist ein richtiger Schritt.
Ich möchte dir am besten von meiner Tochter erzählen,die auch depressiv ist und unter svV leidet.Sie hat seit 4 Monaten einen Freund.Von Anfang an hat sie offen über sich selbst geredet.Immer,wenn es irgendeinen Konflikt gibt,wird alles ausgesprochen und vor allem auch über die Gefühle dabei und was dazu geführt hat,also die Erlebnisse aus ihrer Kindheit,an die sie durch manches erinnert wird.Die Angst,daß er sie verlassen könnte,ist natürlich auch da,aber auch darüber sprechen die beiden.Wenn es meiner Tochter nicht gut geht,gibt es ja immer wieder dDinge,die sie dann machen kann,daß ihre Stimmung sich wieder verbessert,Inzwischen haben die beiden Möglichkeiten gefunden,die sie dann zusammen machen,zum Beispiel mit dem Hund spazieren gehen.
Auch andern Menschen gegenüber sagt meine Tochter ,was sie denkt und wie sie sich fühlt.Und wer sich ehrlich interessiert und nachfragt,bekommt auch eine umfassende Antwort.Damit geht es meiner Tochter jetzt sehr gut.
Deshalb denke ich,das könnte auch für dich eine Möglichkeit sein.Du schreibst ja,daß dein Freund dich immer wieder aufbaut.Ich könnte mir vorstellen,daß er dich um so mehr liebt,wenn du ihm noch mehr vertraust und über dich sprichst.So kann er dich viel besser verstehen und du kannst viel natürlicher sein,mußt dich nicht verstellen und kannst die Zeit mit ihm viel mehr genießen.
Liebe Grüße von Elfe

Liebe AnnaSiemon,

zunächst mal willkommen - und wenn du hier angemeldet bist, dann schreib doch ruhig mal was in den betreffenden Bereichen, die nicht ganz so öffentlich sind. Ich würde mich freuen und ich denke, es könnte für dich auch ein guter Platz sein.

Das das mit der Klinik für dich nicht so gut gelaufen ist, ist schade. Hast du denn aktuell Hilfe in Richtung Therapie?

Was deinen Freund betrifft - du darfst ihm seine eigenen Entscheidungen lassen und du mußt ihm auch nichts "vorkauen". Wenn er zu dir steht und dich so nimmt, wie du eben bist, dann trau dich, das anzunehmen. Wenn er mit dir nicht klar kommt, wird er das selbst merken, aber red ihm "kein Kind in den Bauch". Zeig dich, so wie du bist. Und damit meine ich nicht T-Shirt, sondern wirklich dich.

Kraft und Mut dir, bis bald hoffentlich
Africa