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Moderatorin: mamusch
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Der schwarze Wolf

Di 8. Aug 2017, 16:00

Seit unzähligen Monaten folgt er mir fast ununterbrochen. Ich kann genau beschreiben wie er aussieht. Der schwarze Wolf ist ein großes und kräftiges Tier. Er hat einen mächtigen breiten Kopf. Die Ohren sind stets hoch aufgerichtet und seine wachsamen dunklen Augen nehmen jede noch so kleine Bewegung wahr. Zieht er die Lefzen nach oben kommt sein starkes Gebiss mit den großen blitzenden Zähnen zum Vorschein. Sein ganzer Körper wirkt durchtrainiert und gut bemuskelt. Sein dichtes Fell ist tiefschwarz doch es glänzt nicht so in der Sonne wie ich es von meiner Hündin kenne. Es ist nicht so dass der schwarze Wolf nur nachts in tiefster Dunkelheit auftaucht und sich im Schutz finsterer Schatten langsam heranschleicht. Nein, er kommt auch am helllichten Tag. Mitten im Sonnenlicht liegt er da und wartet auf seine beste Gelegenheit. Er wartet darauf Unglück zu bringen.

Er ist es, der das Chaos in meinem Kopf entstehen lässt und mich daran hindert die Gedanken wieder zu ordnen.

Er ist es, der dafür sorgt, dass ich meine Gefühle nicht kontrollieren kann und meine Wut und den Hass in bestimmten Situationen gegen mich selbst richte. Er ist es, der mir in diesen Momenten die Sicht nach einem Ausweg oder einer Alternative versperrt.

Er ist es, der mich oft nachts nicht schlafen lässt oder mich mit Alpträumen quält.

Er ist es, der dafür sorgt, dass ich mich selbst mit Untergewicht nach dem manchmal Essen zu fett fühle und er ist es der mir nicht erlaubt das zu essen was und wann ich möchte.

Er ist es der mich immer wieder in den schwarzen tiefen Abgrund zieht und mir vorgaukelt es gäbe niemals mehr ein Entrinnen daraus.

Er ist es, der meinen Körper schwächt und mich so daran hindert meinen gewohnten Alltag zu bewältigen.

Er ist es der die Panik in meinem Herzen sät und es vor Angst rasen lässt und er ist es, der mir in diesen Momenten die Luft zum Atmen nimmt und meinen Körper zittern lässt.


Letzten Monat hatte er viel mehr Kraft als sonst und hätte bei mir beinahe sein Ziel erreicht. Aber er hat es sich anders überlegt und von mir abgelassen. Dafür war er am gleichen Tag bei Chester Bennington – länger als bei mir. Es ist so traurig. Doch der schwarze Wolf fragt nicht, unbarmherzig und grausam geht er überall dorthin wo er sich auskennt um sich am stärksten wähnt.


Aber seit kurzem habe ich Hoffnung – Hoffnung dem schwarzen Wolf nicht mehr machtlos ausgeliefert zu sein.

Noch ist diese Hoffnung klein und zerbrechlich. Doch sie ist da – und sie wird wachsen. Schon mehrmals in letzter Zeit habe ich ihre Anwesenheit gespürt, und dann hat sie sich mir endlich gezeigt. Bereits jetzt sieht sie anmutig und hübsch aus obwohl sie gerade erst ein paar winzige Schritte machen kann. Ihr reines schneeweißes Fell steht noch fluffig in alle Himmelsrichtungen ab - Babyfell - und bietet ihr noch keinen Schutz vor scharfen Zähnen. Schon mehrmals hat der schwarze Wolf das Leben von solch einem kleinen hilflosen schneeweißen Wesen ausgelöscht, deshalb muss ich gerade jetzt am Anfang ganz besonders auf sie achtgeben.

Ich kann nicht sagen wie lange es dauert. Es können Wochen, Monate oder gar Jahre vergehen, doch eines Tages wird aus dem verletzlichen kleinen Etwas eine große kräftige weiße Wölfin herangewachsen sein.

Sie wird dem schwarzen Wolf mutig und entschlossen entgegentreten und ihn von mir fernhalten – vielleicht für immer.

Di 8. Aug 2017, 16:00

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