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BeitragVerfasst: Mi 12. Apr 2017, 22:12 
"Ich sehe was, das Du nicht siehst" , sagte mein Spiegelbild und verschwand.
Jeden Morgen stehe ich so da und starre mich an. Und dann sehe ich was, das andere nicht sehen. Ich meine die Pickel, die Augenringe, dieses wirklich ulkig aussehende Grübchen, wenn ich schmunzel. All die Ungereimtheiten. Ich meine, das bin ich. Oder nicht? Ja! denke ich so bei mir, während ich das Make up auftrage. Noch ein wenig Rouge, Lidschatten und Maskara. Natürlich dürfen die Augenbrauen und die Lippen nicht fehlen. Präzise und mit Bedacht zeichne ich die Umrisse meiner Lippen mit dem Lila-roten Lipliner nach und fülle sie mit dem Lippenstift aus. Sanft gleitet der Pinsel über meine Lippen,bis das Bild zufriedenstellend ist. Die Pickel sieht man noch immer durchschimmern, aber kaum merklich. Aus dem Handy ertönt schon zum ich weiß nicht wie vieltem Mal: "Wie schön Du bist" von Sarah Connor. Ich bin ein bekennender Fan, auch wenn ich mir jedesmal denke, dass die neue Platte alles andere als schön ist. Aber man bleibt ja bekanntlich bei Vertrautem. Ich schaue nochmal in den Spiegel und denke mir: Ja! So siehts Du gut aus! Die Bauch-Beine-Po Hose sitzt gut. Die Frisur ist wie immer mehr oder weniger perfekt dem Anlass Schule angepasst. Ich gehe aus dem Haus und fange mir auf dem Weg zur Haltestelle ein paar bewundernde Blicke zu. Balsam für das Ego das ich nicht besitze. Der Kopf oben, der Blick kalt... Auf irgendeine Weise schon anziehend, magisch, wenn nicht sogar erotisch. Ich schaue mich selbst in der Tür der Bahn an und bewundere dieses kalt aussehende Geschöpf. Draußen ist es warm. Ein schöner Frühsommer Tag. Ich schätze mal es sind um die 17 Grad. Während ich die Straße entlang stolziere wird mir kalt. Das Blau scheint gräulich zu sein, die Menschen verschwommen, das Grün blass. Ich bleibe stehen. Hinter mir ertönt eine Stimme. "Guten Morgen!" Mein Lehrer. Einer der wenigen Personen, die mich wirklich gerne haben und schätzen. Mit ihm kehrt auch die Klarheit in den Tag zurück. In der Schule angekommen ist auf einmal wieder alles ganz klar und deutlich. Mir wird wieder warm. "Hi! Wie war das Wochenende?" fragt eine Mitschülerin. Man kennt sich vom sehen. "Ganz gut!" Antworte ich und gehe weiter. Mitlerweile lächle ich und begrüße auf dem Weg durch mein tägliches Ritual weitere Lehrer, Studenten und andere Angestellte. Ein Pläuschen hier, ein paar Worte da. Ein häufiges "Schön Dich heute zu sehen!" lässt mir klar werden, dass dies hier ein Ort ist an dem ich um meinetwillen gemocht und geschätzt werde. Und ich fühle mich gut. Ich fühle mich jetzt eher unwohl in meiner Hülle aus Make Up. Hier brauche ich mich nicht verstecken. Aber auch das wird akzeptiert. Und das verstehe ich nicht. Und ich werde traurig. Mein Lehrer, den ich gerade erwähnt habe, bemerkt so etwas sofort und holt mich nach der Stunde zur Seite. "Was ist los?" Ich schätze seine Art und Weise mich zu fragen. So subtil!... Ich muss nichts sagen, er liest meinen Blick und wir kommunizieren still. Er legt die Hand auf meine Schulter und lächelt. "Wenn was ist, weiß ich wo ich Sie finde." Mit Tränen in den Augen sage ich noch das alles in Ordnung sei und gehe anschließend.m Rücken spüre ich den Blick. Ich weiß,wo ich die Hilfe finden kann, aber nicht Heute. Heute versuche ich es zu verstecken und die Gedanken zu ertränken. Wieder Zuhause angekommen sitze ich am Schreibtisch und starre vergangene Momente auf dem Bildschirm an. Und während ich mit dem Feuerzeug dem |editiert | Leben einhauche(Zigarette),kommt mir folgender Satz in den Sinn: " In einem Meer aus Tränen und Gedanken schlägt die Verzweiflung große Wellen und lässt Dich ertrinken." Ich trinke den Wein aus und lege mich schlafen.Am nächsten Morgen stehe ich wieder vor dem Spiegel. "Ich sehe was, das Du nicht siehst." sagt mein Spiegelbild und verschwindet... "Tja" seufze ich und mache mich fertig... Auf ein Neues...

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